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Ethik der Berufsbetreuung
1. Grundlagen betreuerischen Handelns
1.1 Ausgangslage
Berufsbetreuer/innen agieren als Vertrauenspersonen von Gesellschaft und Staat. Als stellvertretend, unterstützend und treuhänderisch Handelnde besorgen sie – nach Maßgabe der §§ 1896 ff BGB – die Angelegenheiten volljähriger psychisch Kranker oder körperlich, geistig oder seelisch Behinderter und nehmen deren Interessen gerichtlich und außergerichtlich wahr.
Dies geschieht in Achtung der Menschenrechte und der Würde der Klient/innen, in Respektierung ihrer persönlichen Freiheit und Selbstbestimmung sowie ohne Unterscheidung nach dem Ansehen der zu betreuenden Person, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihres Geschlechts, ihrer Herkunft oder sonstiger Personenmerkmale.
Berufsbetreuer/innen treffen zur Förderung des Wohls der Klienten/innen und unter Beachtung ihres Willens Entscheidungen, die weit reichende Konsequenzen für die Lebenslage und Lebensqualität der Klient/innen haben. Bei der Förderung des Wohls und unter Beachtung des Willens der Klient/innen fehlen den Berufsbetreuer/innen häufig eindeutige oder objektive juristische, medizinische, psychologische oder soziale Kriterien zur individuellen und fallspezifischen Entscheidungsfindung. Berufsbetreuer/innen erleben sich deshalb immer wieder in Konflikt- oder Dilemmasituationen, bei denen sie im Prozess des Abwägens auf moralische Werte und Normen zurückgreifen müssen.
Häufig werden Berufsbetreuer/innen auch mit grundlegenden Fragen hinsichtlich Behinderung, Krankheit und Schmerzen, im Extremfall sogar mit existenziellen Entscheidungen über Leben und Tod konfrontiert. Entsprechende Vertretungshandlungen durch Berufsbetreuer/innen sind ohne die angemessene Berücksichtigung der sittlichen Maßstäbe der Klient/innen und ohne die Reflexion der eigenen moralischen Werte und Normen der Berufsbetreuer/innen nicht möglich. Ethische Reflexionen dienen der Selbstvergewisserung der Berufsbetreuer/innen.
Durch die gerichtliche Übertragung einer Betreuung wird Berufsbetreuer/innen von mehreren Seiten in besonderem Maße großes Vertrauen entgegengebracht. Berufsbetreuer/innen müssen gewährleisten, dass dieses Vertrauen seitens des Vormundschaftsgerichts und seitens der Klient/innen und ihrer Angehörigen hinsichtlich der Unterstützung, Ergänzung oder stellvertretenden Wahrnehmung der Interessen kranker oder behinderter Menschen nicht enttäuscht wird.
Die Auseinandersetzung der Berufsbetreuer/innen mit den ethischen Dimensionen des berufsbetreuerischen Handelns ist eine Voraussetzung für das Vertrauen der Gesellschaft in die Profession und Ausdruck der Verpflichtung der Berufsbetreuer/innen gegenüber dem eigenen Berufsstand.
Berufsbetreuer/innen im BdB müssen daher bereit sein, sich mit den ethischen Dimensionen ihres Berufes auseinander zu setzen, und das eigene betreuerische Handeln moralisch zu reflektieren und zu begründen.
1.2 Individuelle Voraussetzungen
Berufsbetreuer/innen müssen sich durch eine hohe moralische Integrität auszeichnen, die von der Prämisse des Wohles und des Willens der Klient/innen und der Respektierung und Sicherung ihrer Menschwürde ausgeht.
Aufgrund der besonderen Verletzlichkeit und Abhängigkeit der Klient/innen von ihren Berufsbetreuer/innen, muss von Berufsbetreuer/innen stets Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit in ihrem Handeln gefordert werden.
Berufsbetreuer/innen schulden den Klient/innen und der Gesellschaft professionelles berufliches Handeln und entwickeln die hierfür erforderlichen Kompetenzen hinsichtlich des Wissensfundus und der Methoden ihrer Arbeit ständig weiter.
Berufsbetreuer/innen müssen die erforderliche professionelle Freiheit sowie die fachlichen und ethischen Voraussetzungen besitzen, die ihnen selbstständiges Handeln frei von unsachgemäßer Einflussnahme erlauben.
Berufsbetreuer/innen dürfen in ihrem stellvertretenden Handeln keine eigenen Interessen oder Interessen Dritter verfolgen und diese als im Interesse der Klient/innen liegend darstellen.
Berufsbetreuer/innen wissen um die Wichtigkeit der eigenen psychischen Balance für den Erfolg der Betreuungsarbeit. Die eigenen Belastungsgrenzen vergegenwärtigend sollen Berufsbetreuer/innen vor dem Hintergrund ihrer eigenen Werte und Normen ihr Denken und Handeln durch Selbstreflexion kritisch überprüfen und sich der Hilfe von Supervision oder des kollegialen Austausches bedienen.
Die Fähigkeit, sowohl das eigene berufliche Handeln als auch die handlungsleitenden Werte der Klient/innen ethisch zu reflektieren, ist ein wesentlicher Teil der Dienstleistung, die Berufsbetreuer/innen für ihre Klient/innen erbringen, und bestimmt die Prozess- und Ergebnisqualität der Betreuungsarbeit wesentlich mit.
1.3 Wohl und Wille
Im Mittelpunkt betreuerischen Handelns stehen Wohl und Wille der kranken oder behinderten Klient/innen. Berufsbetreuer/innen müssen es ihren Klient/innen ermöglichen, im Rahmen ihrer Fähigkeiten ein Leben nach ihren eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten. Dabei sind – soweit dies ihr Wohl nicht erkennbar schwer schädigt – die Willensäußerungen der Klient/innen maßgeblich zu berücksichtigen. Das Wohl ist nicht als objektiv bestimmbares, wohlverstandenes Interesse, sondern als subjektiv und nicht verallgemeinerbar zu verstehen.
Von Berufsbetreuer/innen wird gefordert, dass sie sich mit großer Empathie in das Wohl bzw. den Willen ihrer Klient/innen einfühlen. Sie sehen ihre Klient/innen ganzheitlich, einschließlich ihrer Hilfsbedürftigkeit und ihrer Stärken. Sie tolerieren die Lebensumstände, Lebensziele und Lebensführung ihrer Klient/innen, akzeptieren deren Selbstbestimmungsrecht, berücksichtigen deren besondere Verletzlichkeit und achten sie als Individuen.
Sofern dies dem Wohl der Klient/innen nicht widerspricht, sollen Berufsbetreuer/innen diesen ein weitgehend selbstbestimmtes Leben ermöglichen, in einem Umfeld, das deren Wünschen und Bedürfnissen entspricht. Durch die Betreuung sollen Klient/innen in ihren Grundrechten so wenig wie möglich beeinträchtigt werden.
Berufsbetreuer/innen müssen bei der Förderung des Wohls der Klient/innen in der Lage sein, ethische Prinzipien wie Selbstbestimmung, Nicht-Schaden, Wohlwollen, Fürsorgepflicht oder Gerechtigkeit auf ihr Handeln für die Klient/innen anzuwenden und damit auf das anvertraute Individuum ausgerichtete Entscheidungen ethisch begründbar und nachvollziehbar zu gestalten.
Als Grundlage hierfür kann die Berücksichtigung der folgenden, auch in der Medizin- Ethik angewandten, vier Prinzipien dienen, die stets abgewägt werden müssen:
1.4 Entscheidungsfindung
Wohl und Wille der Klient/innen – geäußert oder mutmaßlich – bilden die Entscheidungsgrundlage für Vertretungshandlungen der Berufsbetreuer/innen. Besondere Sorgfalt kommt deshalb der Erkundung der moralischen, religiösen und kulturellen Werte der Klient/innen zu. Die von Berufsbetreuer/innen im Betreuungsmanagement eingeleiteten rechtlichen, therapeutischen, rehabilitativen oder sozialen Maßnahmen müssen vor diesem Hintergrund der klientenzentrierten Aufgabenerfüllung sorgfältig abgewogen werden.
Berufsbetreuer/innen finden sich häufig in einer Situation der Abwägung zwischen der Unterstützung einer größtmöglichen Selbstständigkeit und Freiheit der Klient/innen und dem damit einhergehenden Risiko der nachhaltigen Schädigung des Wohls der Klient/innen. Stets müssen Berufsbetreuer/innen dabei abwägen, ob Willensäußerungen ihrer Klient/innen deren Wohl zuträglich und den Berufsbetreuer/innen selbst ethisch und sittlich zuzumuten sind.
Insbesondere Maßnahmen, welche die Freiheit der Klient/innen einschränken oder entziehen und gegebenenfalls auch gegen den Willen der Klient/innen durchgesetzt werden müssen, müssen von Berufbetreuer/innen hinsichtlich der Förderung des Wohls der Klient/innen wertebezogen legitimiert werden.
Klient/innen haben – wie alle anderen Menschen auch – das Recht, Risiken einzugehen, ja sogar sich selbst zu schädigen. Erst wenn den Klient/innen aufgrund der psychischen Erkrankung, seelischen oder geistigen Behinderung die Abwägung der Risiken und Vorteile ihres Handelns nicht mehr möglich ist, dürfen sich Berufsbetreuer/innen diesem Handeln in den Weg stellen. Dabei müssen Berufbetreuer/innen versuchen, ihren Klient/innen den Grund der von der Willensäußerung abweichenden Vertretungshandlung angemessen zu erläutern.
Kann eine Willensäußerung seitens der Klient/innen krankheits- oder behinderungsbedingt nicht mehr vorgenommen werden, müssen Berufsbetreuer/innen den mutmaßlichen Willen der Klient/innen ermitteln. Dabei kann auf frühere Aussagen der Klient/innen, ihre religiösen und persönlichen Wertvorstellungen und zuletzt auch auf allgemeine Wertvorstellungen zurückgegriffen werden.
Berufsbetreuer/innen müssen die Wertebezogenheit der Willensäußerungen ihrer Klient/innen im zeitlichen Ablauf beobachten und entsprechend dokumentieren. Gegebenenfalls kann es erforderlich sein, dritte Personen (z.B. Verwandte, Freunde, Pfleger) um Auskunft über die Wertepräferenzen der Klient/innen zu bitten.
Fehlen den Betreuer/innen jegliche Kenntnisse über den Klient/innen-Willen und ihre Wertebezogenheit, kann ein wohlverstandenes Interesse im Sinne des objektiv größten Nutzens für die Klient/innen als Entscheidungsbasis herangezogen werden.
Berufsbetreuer/innen sorgen dafür, dass sterbende Klient/innen eine Sterbebegleitung erhalten, die die ärztliche Hilfeleistungspflicht gegenüber dem Sterbenden gewährleistet. Sie verhindern unnötige Beschwerden der Klient/innen und sorgen für eine palliative Behandlung. Berufsbetreuer/innen müssen sich auch bei Fragen der passiven Sterbehilfe bei ihren Entscheidungen an den Willen, insbesondere an das Patiententestament der Klient/innen halten. Dabei ist aber zu prüfen, ob der im Patiententestament geäußerter Wille der aktuellen Situation entspricht. Liegt kein ausdrücklich erklärter Wille vor, so ist der mutmaßliche Wille zu ermitteln.
1.5 Konfliktsituationen in der Betreuungsarbeit
In der Betreuungsarbeit können Konflikte entstehen, die sich aus dem Spannungsfeld zwischen den Bedürfnissen und Rechten der Klient/innen und den Anforderungen und Rahmenbedingungen der Gesellschaft und dem Umfeld ergeben.
Berufsbetreuer/innen sind in Ihrer Rolle als rechtliche Vertreter/innen diesen unterschiedlichen Interessen ausgesetzt. Sie müssen sich dieser Konflikte bewusst sein, um angemessen und verantwortungsvoll mit ihnen umzugehen.
Bestehen Interessenskonflikte zwischen den Klient/innen und anderen, etwa Personen, Institutionen und auch der Gesellschaft, so haben Berufsbetreuer/innen im Rahmen ihrer Möglichkeiten und unter Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen die Klient/innen parteiisch zu unterstützen.
1.6 Persönliche Integrität
Berufsbetreuer/innen wahren ihre Integrität. Sie müssen unlauteres Verhalten und Vorteilsnahme im Zusammenhang mit externen Dienstleistungen strikt vermeiden.
Hierbei sind folgende Regeln zu beachten:
1.7 Grenzen des betreuerischen Auftrags
Berufsbetreuer/innen müssen sich stets die Grenzen ihres gesetzlichen Auftrages vergegenwärtigen. Impliziten oder expliziten Erwartungen der Klient/innen, die über rechtliche Vertretungshandlungen hinausgehen, z.B. die Erbringung von Hilfsdiensten, sind Berufbetreuer/innen nicht verpflichtet. Ihre Verantwortung für die Klient/innen verlangt jedoch die offene Ansprache dieser Erwartungen und gegebenenfalls die Organisation sozialer Hilfsdienste zur Lebensführung bzw. Pflege-, Behandlungs- oder sonstiger Dienstleistungen.
2. Professionelles Verhalten
2.1 Verhalten im Umgang mit Klient/innen
Berufsbetreuer/innen verhalten sich den Klient/innen gegenüber empathisch und wertschätzend. Sie respektieren die individuelle Persönlichkeit der Klient/innen.
Berufsbetreuer/innen versuchen, im persönlichen Kontakt ein Vertrauensverhältnis zu ihren Klient/innen aufzubauen. Trotz ihres besonderen Vertrauensverhältnisses zu den ihnen anvertrauten Personen, ihrer Empathie und ihres Engagements sollen Berufsbetreuer/innen dabei eine professionelle Distanz zu ihren Klient/innen aufrechterhalten. Hierfür sollen sie fähig sein, sachliche Notwendigkeiten und eigene Gefühle und Empfindungen zu trennen und gegeneinander abzugrenzen.
Berufsbetreuer/innen verpflichten sich, wichtige Angelegenheiten vor deren Erledigung in angemessener Weise mit ihren Betreuten persönlich besprechen. Die Besprechungspflicht ist das zentrale Element der persönlichen Betreuung.
Berufsbetreuer/innen wahren in ihren beruflichen Beziehungen oder Verpflichtungen die individuellen Rechte, Güter und Werte der Klient/innen. Privatsphäre und Lebenssituation der Klient/innen werden von den Berufsbetreuer/innen geachtet. Gegen eine Verletzung von Rechten der Klient/innen durch Dritte schreiten Berufsbetreuer/innen unverzüglich ein. Die individuellen Ziele und die Verantwortung der Klient/innen werden respektiert und gefördert.
Zum Aufbau und zur Sicherung einer professionellen Beziehung zu den Klient/innen sollen Berufsbetreuer/innen ihr Handeln durch Selbstreflexion kritisch überprüfen und sich der Hilfe von Supervision oder des kollegialen Austausches bedienen.
Berufsbetreuer/innen sind sich der Asymmetrie der Machtbeziehung zwischen ihnen und ihren Klient/innen ebenso bewusst wie der Abhängigkeit der Klient/innen von ihnen.
Sexuelle Kontakte zwischen Berufsbetreuer/innen und deren Klient/innen sind unzulässig.
2.2 Verhalten im Umgang mit Berufskolleg/innen
Berufsbetreuer/innen respektieren und anerkennen ihre Berufskolleg/innen und verhalten sich ihnen gegenüber höflich, fair und loyal. Kritik äußern sie in geeigneter und angemessener Form.
Berufsbetreuer/innen suchen den fachlichen Austausch und die Kooperation mit Berufskolleg/innen.
Die Missachtung von Teilen dieser Berufsethik durch Berufskolleg/innen bringen Berufsbetreuer/innen in geeigneter Form den dafür vorgesehenen Gremien des Berufsverbandes zur Kenntnis.
2.3 Verhalten im Umgang mit am Betreuungsprozess Beteiligten
Berufsbetreuer/innen praktizieren die kooperative und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit anderen am Betreuungsprozess Beteiligten.
Bei Konflikten um das Wohl und den Willen der Klient/innen setzen sich Berufsbetreuer/innen parteiisch für das Wohl und den erkennbaren Willen ein. Berufsbetreuer/innen kommen ihrer Berichts- und Dokumentationspflicht gegenüber dem Amtsgericht nach. Sie sorgen für eine Transparenz ihrer Arbeit und legen Rechenschaft über ihre Betreuungsarbeit (z. B. mit Hilfe der Betreuungsplanung, Qualitätsregister) ab. Darin dokumentieren sie die Professionalität und die Wirtschaftlichkeit ihrer Arbeit.
2.4 Verhalten im Umgang mit persönlichen Daten
Berufsbetreuer/innen behandeln alle Informationen über ihre Klient/innen, die ihnen durch ihre Tätigkeit bekannt werden, streng vertraulich.
Mitteilungen an Dritte erfolgen nur, wenn dies erforderlich ist, um die Betreuungsaufgaben zu erfüllen, oder gesetzlich vorgeschrieben ist.
Berufsbetreuer/innen verwahren sämtliche elektronisch gespeicherten oder schriftlichen Informationen nach den Bestimmungen des Datenschutzes und schützen die Daten vor dem unbefugten Zugriff Dritter.
2.5 Verhalten in der Öffentlichkeit und der Umgang mit der eigenen Profession
Berufsbetreuer/innen machen die Öffentlichkeit auf gesellschaftliche Defizite im Umgang mit ihrer Klientel aufmerksam und setzen sich für die klient/innengerechte Weiterentwicklung des Betreuungsrechts ein.
Berufsbetreuer/innen fördern durch eine rechtschaffene Berufsausübung das Ansehen der Profession in der Öffentlichkeit. Berechtigte Kritik an einzelnen Betreuer/innenhandlungen oder dem Berufsstand als Ganzes greifen sie konstruktiv auf. Ungerechtfertigter Kritik treten sie sachlich aber bestimmt entgegen.
Berufsbetreuer/innen üben konstruktive Kritik an den Methoden und Theorien der Berufsbetreuung und fördern ihre Weiterentwicklung.
Berufsbetreuer/innen setzen sich für die weitere Professionalisierung ihres Berufsstandes ein.
Berufsbetreuer/innen arbeiten nach den ethischen Prinzipien und Leitlinien des BdB e.V. und helfen bei deren Weiterentwicklung.
3. Diskurs: Ethik als Prozess
Eine Ethik betreuerischen Handelns – als praxisrelevante Anleitung für eine wertebezogene „gute“ Betreuungsarbeit – lässt sich nicht vom Berufsverband verordnen, vielmehr entwickelt sie sich im Diskurs, ist also als fortwährender Prozess zu verstehen, in dem sich Berufbetreuer/innen mit Werten, Normen und Moral als Grundlage des Handelns von Klient/innen und des eigenen Handelns auseinandersetzen.
Dieser Prozess der individuellen Auseinandersetzung wird durch die vom BdB entwickelten institutionellen Strukturen der Qualitätssicherung – insbesondere die Forderungen nach einer Selbstevaluation und dem regelmäßigen Austausch mit Berufskolleg/innen bzw. der Inanspruchnahme von Supervision – befördert.
Der BdB trägt dem Prozess der Herausbildung und Entwicklung einer Berufsethik dadurch Rechnung, dass er für die kontinuierliche Revision und Aktualisierung der berufsethischen Grundsätze sorgt.
Leitlinien für das Betreuungsmanagement
1. Rechtliche Vertretung
1.1 Berufsbetreuer/innen vertreten Menschen
Berufsbetreuer/innen vertreten Menschen außergerichtlich und gerichtlich, für die das Vormundschaftsgericht eine rechtliche Betreuung eingerichtet hat. Sie erfüllen ihre Aufgaben auf Grundlage des geltenden Betreuungsrechts, deren Kenntnis eine Voraussetzung zur Berufsausübung ist.
Rechtliche Betreuung sind komplexe Vertretungs-, Beratungs- und Unterstützungsprozesse von Menschen mit unterschiedlichen kommunikativen Möglichkeiten. In diesem Prozess sind das Wohl und der Wille der Menschen durch eine persönliche Betreuung zu ermitteln und zu achten. Die persönliche Betreuung ist nicht delegierbar und setzt eine Beziehungsgestaltung zu den Klient/innen voraus. Die Fähigkeit zur Beziehungsgestaltung ist somit eine Kernkompetenz der Berufsbetreuer/innen, die für die Berufsausübung unabdingbar ist.
1.2 Berufsbetreuer/innen berücksichtigen das Wohl und den Willen der Klient/innen
Das Wohl und insbesondere der Wille der Klient/innen ist die Grundlage für eine Entscheidungsfindung im betreuerischen Handeln. Unter der Voraussetzung der geringst möglichen Einschränkung der Selbstbestimmung der Klient/innen wird darauf hingewirkt, deren Lebensbedingungen hinsichtlich rechtlicher, gesundheitlicher, wirtschaftlicher und sozialer Aspekte zu verbessern bzw. eine Verschlechterung zu verhindern oder abzumildern. Ziel bleibt immer die Erhaltung oder Erlangung von Selbstbestimmung.
Berufsbetreuer/innen wägen dazu alle Vor- und Nachteile ihrer Handlungen ab und sorgen für ein Gleichgewicht zwischen größtmöglicher Unabhängigkeit und Selbstbestimmung der Klient/innen einerseits und der Gewährleistung ihres Schutzes und ihrer Sicherheit andererseits. Wenn die Klient/innen über keine Entscheidungskompetenz verfügen und wenn der Wille der Klient/innen nicht ermittelt werden kann, werden Entscheidungen allein im Hinblick auf deren Wohl getroffen.
Es ist der aktuelle Wille der Klient/innen festzustellen. Ist dies nicht möglich, so muss auf früher geäußerte Willensbekundungen, die auch in einer Verfügung festgelegt worden sein können, oder den mutmaßlichen Willen zurückgegriffen werden. Der mutmaßliche Wille kann aus Beobachtungen in bestimmten Situationen oder aus früheren Äußerungen erschlossen werden. In diesem Zusammenhang ist auch zu unterscheiden, ob der Wille verbal oder non-verbal zum Ausdruck gebracht wird. Berufsbetreuer/innen sollten grundsätzlich in der Lage sein, den festgestellten Willen der Klient/innen auch zu belegen: durch Äußerungen unterschiedlicher Art zu Wünschen, Interessen und Bedürfnissen der Betreuten, die über Beobachtung,
Bewertung und Schlussfolgerung der Berufsbetreuer/innen in die Entscheidungsfindung einfließen. Ist man auf Mutmaßungen über den Willen der Klient/innen angewiesen, sollte auf die Anamnese dritter Personen zurückgegriffen werden. Auch Informationen von den Klient/innen nahe stehenden Personen können von den Berufsbetreuer/innen bei der Urteilsbildung einbezogen werden. Auf allgemeine Wertvorstellungen kann ersatzweise zurückgegriffen werden.
Mit geeigneten Methoden der sozialen Arbeit sind Aufbau und Pflege eines Vertrauensverhältnisses zu den Klient/innen zu gewährleisten. Deren Lebensentwürfe müssen herausgefunden und beachtet werden:
Betreuungsarbeit beinhaltet keinen Erziehungsanspruch: Wird eine Diskrepanz zwischen den eigenen Normen und Werten und denen der Klient/innen sichtbar, sind die der Klient/innen Maßstab des betreuerischen Handels. Sie dürfen allerdings die Grenze der Zumutbarkeit für die Berufsbetreuer/innen nicht verletzen.
1.3 Berufsbetreuer/innen handeln nur, wenn es erforderlich ist, und besprechen die Entscheidungen mit den Klient/innen
Berufsbetreuer/innen respektieren das Selbstbestimmungsrecht der Klient/innen und fördern dessen Durchsetzung. Anzustreben ist immer das Einverständnis der Klient/innen. Dazu müssen diese freiwillig und ohne Zwang einem bestimmten Handlungsvorgehen zustimmen. Grundlage hierbei ist eine Offenlegung der relevanten Fakten.
Die Klient/innen sind an den sie betreffenden Entscheidungen im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu beteiligen. Die Betreuer/innen beraten und unterstützen sie dabei in ihrer Eigenständigkeit und Unabhängigkeit. Auch wenn Entscheidungen von den Klient/innen nicht zu erwarten sind, müssen alle Angelegenheiten mit ihnen besprochen werden. Aufgrund der Kenntnis über die Klient/innen und ihre Erkrankungen sowie über ihre Kommunikationsmöglichkeiten entscheiden die Berufsbetreuer/innen über die Zumutbarkeit und Form der Besprechung.
Das Ziel ist eine von den Klient/innen selbst getroffene Entscheidung. Nur wenn die Klient/innen nicht entscheidungsfähig sind oder mit ihren Entscheidungen ihr eigenes Wohl ernsthaft gefährden, entscheiden die Berufsbetreuer/innen für die Klient/innen. Sie haben durch ihre rechtliche Stellung den Anspruch auf die gleichen Informationen und die gleiche Wahlfreiheit wie die Klient/innen.
1.4 Berufsbetreuer/innen betreuen die Klient/innen persönlich
Die persönliche Betreuung beinhaltet den regelmäßigen Kontakt der Berufsbetreuer/innen zu den Klient/innen, um das Wohl und den Willen der Klient/innen herausfinden und umsetzen zu können.
Eine persönliche Betreuung ist nicht durch Angestellte zu gewährleisten. Angestellte werden vielmehr eingesetzt, um die erforderliche Erreichbarkeit sicherzustellen und die Verwaltung effizient zu gestalten.
Die persönliche Betreuung schließt Dienstleistungen im pflegerischen oder hauswirtschaftlichen Bereich nicht ein.
1.5 Berufsbetreuer/innen führen ihre Tätigkeit eigenverantwortlich aus
Berufsbetreuer/innen halten sich bei ihrer Berufsausübung an die vom Gericht festgelegten Aufgabenkreise und weiten ihre Tätigkeit nicht eigenmächtig aus.
Berufsbetreuer/innen holen notwendige Genehmigungen beim Vormundschaftsgericht ein, kommen ihrer Berichtspflicht nach und unterwerfen sich der gerichtlichen Aufsicht.
Wenn die Umstände dies erforderlich machen und eine entsprechende Verständigung mit den Klient/innen gesucht wurde, bemühen sich Berufsbetreuer/innen um
Eine eigenverantwortliche Betreuungstätigkeit beinhaltet, dass sachfremde Interessen Dritter keine Berücksichtigung im Betreuungsprozess finden.
1.6 Berufsbetreuer/innen regen die eigene Entlassung aus dem Amt an
Berufsbetreuer/innen regen die eigene Entlassung aus dem Amt an, wenn die Betreuung aufgrund eigener empathischer, gesundheitlicher, betrieblicher oder sonstiger Gründe nicht mehr in dem erforderlichen Umfang geführt werden kann oder wenn die Betreuung nicht mehr notwendig ist. Auch diese Entscheidung wird in Abstimmung mit den Klient/innen vorbereitet.
2. Fallgestaltung in Anlehnung an das Case Management
Zwischen den Handlungs- und Entscheidungsabläufen in der Betreuungsarbeit und dem Handlungskonzept des Case Managements besteht eine hohe Übereinstimmung. Berufsbetreuer/innen sollten sich am Konzept des Case Managements orientieren, da es zu einer Strukturierung der komplexen Betreuungstätigkeit beitragen kann. Darum werden in Kapitel 5 die Arbeitsschritte im Betreuungsprozess in Anlehnung an das Case Management beschrieben.
Nach dem Konzept des Case Managements erfolgt ein enger Abstimmungs- und Austauschprozess mit den Klient/innen. Der Beratungsprozess findet auf der Grundlage fachlicher Stellungnahmen statt, die die Ressourcen und Probleme der Klient/innen analysieren und erfassen. Es mündet in einer Absprache mit den Klient/innen über geplante Maßnahmen.
Der Unterstützungsprozess beinhaltet die Kooperation mit Personen aus dem sozialen Umfeld der Klient/innen, mit Diensten, Ämtern und Fachleuten. Die Steuerung und Kontrolle des Prozesses obliegt den Berufsbetreuer/innen. Sein Verlauf ist zu dokumentieren, um gegenüber den Klient/innen und dem Gericht Transparenz zu gewährleisten und Qualität zu sichern.
3. Betriebswirtschaftliche und organisatorische Aspekte
3.1 Unternehmensführung
Berufsbetreuer/innen und Betreuungsvereine müssen ihre wirtschaftliche Existenz sichern, um die Kontinuität in der Betreuungsarbeit zu gewährleisten. Stellvertretendes rechtliches Handeln für andere und eigenes wirtschaftliches Handeln müssen in Einklang gebracht werden. Zur Professionalität in der Betreuungsarbeit gehört, die knappen Güter Zeit und Kapital effizient einzusetzen und gleichzeitig eine gute Betreuungsarbeit auf lange Sicht sicherzustellen. Effizienz bedeutet in diesem Zusammenhang, die in der Betreuungsplanung formulierten Ziele vor dem Hintergrund knapper Ressourcen bestmöglich zu realisieren.
In der Unternehmensführung verfahren Berufsbetreuer/innen und Betreuungsvereine nach betriebswirtschaftlichen Prinzipien. Unabdingbar sind:
3.2 Unternehmensorganisation
3.2.1 Berufsbetreuer/innen regeln Dienstverhältnisse
Berufsbetreuer/innen und Vereine stellen die Beaufsichtigung der Mitarbeiter/innen sicher und achten darauf, dass Mitarbeiter/innen
zur Verschwiegenheit verpflichtet werden
im Versicherungsschutz berücksichtigt werden
ihren Aufgaben entsprechend Fortbildungen besuchen können
3.2.2 Berufsbetreuer/innen versichern sich ausreichend
Ein ausreichender Versicherungsschutz ist die Grundlage der Berufsausübung, da die eigene Existenz abgesichert und die Klient/innen vor Schaden bewahrt werden müssen. Zu diesem Zweck schließen Berufsbetreuer/innen und Vereine Haftpflichtversicherungen ab.
Darüber hinaus sollen folgende Versicherungen der Absicherung dienen:
3.2.3 Die Berufsbetreuer/innen sorgen für eine angemessene Büroorganisation
Berufsbetreuer/innen halten eine Infrastruktur bereit, die zur Ausübung ihres Berufes notwendig ist:
3.2.4 Berufsbetreuer/innen regeln eine Vertretung
Die Vertretung im Krankheits- oder Urlaubsfall muss für alle am Betreuungsprozess Beteiligten klar und eindeutig geregelt sein
4. Qualitätssicherung
4.1 Kenntnisse und Kompetenzen
Berufsbetreuer/innen erwerben die zur Ausübung einer professionellen beruflichen Betreuungstätigkeit notwendigen Kenntnisse und Kompetenzen. Dazu gehören Kenntnisse aus den Fachwissenschaften Recht, Medizin, Psychologie, Sozialpädagogik und Betriebswirtschaft.
Die Kernkompetenz der Berufsbetreuer/innen liegt in der Fähigkeit, den Vertretungs-, Beratungs- und Unterstützungsprozess im direkten Umgang mit den Klient/innen methodisch zu gestalten. Diese Kenntnisse werden in Aus- und Weiterbildungen erworben und im Rahmen der Qualitätssicherung in Fortbildungen regelmäßig vertieft.
4.2 Mitgliedschaft im Berufsregister
Die Mitglieder des BdB erkennen die vom Berufsverband beschlossenen Standards, Leitlinien, Ethikrichtlinien und Qualitätssicherungsmaßnahmen an.
Ziel des BdB ist es, dass Mitglieder des BdB zugleich Mitglied im Qualitätsregister sind. Das Qualitätsregister ist das wesentliche Element der Qualitätsentwicklung des Verbandes.
Wichtige Bestandteile des Berufsregisters sind:
Eine Zertifizierung bedeutet höhere Reputation. Dafür akzeptieren Berufsbetreuer/innen eine Überprüfung ihrer Qualitätssicherungsbemühungen. Ziel ist es, die kollegiale Visitation als Qualitätsstandard einzuführen.
Die Berufsbetreuer/innen können die umfassenden Übergangsregelungen des Berufsregisters in Anspruch nehmen.
5. Erforderliche Arbeitsschritte
Zur Sicherung von Qualität und Effizienz sollen Berufsbetreuer/innen – in Anlehnung an das Konzept des Case Managements – einzelne Arbeitsschritte detailliert planen, in ihrer Abfolge aufeinander beziehen, kontrollieren, reflektieren und aussagekräftig dokumentieren.
5.1 Erstkontakte herstellen und Erstgespräche führen
Nach Aufnahme der Tätigkeit treffen Berufsbetreuer/innen sobald wie möglich mit den Klient/innen zusammen und
5.2 In Krisensituationen sofort handeln
Alle Angelegenheiten der Klient/innen, die ein sofortiges Handeln notwendig machen, werden umgehend und im Rahmen eines Krisenmanagements geregelt. Dieses beinhaltet:
5.3 Die Betreuungssituation analysieren und einschätzen
Berufsbetreuer/innen sollen nach der ersten Begegnung mit den Klient/innen alle zuständigen Personen und Institutionen von der Bestellung unterrichten und den Betreuungsprozess vorantreiben.
Folgende Informationen müssen erfasst werden:
Zur richtigen Einschätzung der Situation und Festlegung des Handlungsbedarfs müssen Betreuer/innen folgende Aspekte berücksichtigen:
5.4 Ziele definieren
Nach der Analyse und einer Einschätzung der Betreuungssituation formulieren Berufsbetreuer/innen die Ziele ihrer Unterstützungstätigkeit in enger Zusammenarbeit mit den Klient/innen.
5.5 Betreuungsplan erstellen
Berufsbetreuer/innen erstellen einen angemessenen schriftlichen Betreuungsplan. Der Plan enthält kurz- und langfristige Ziele, die im Einklang mit dem Betreuungsauftrag formuliert werden. Der Plan
5.6 Daten verwalten
Berufsbetreuer/innen legen für jede Klientin und jeden Klienten eine separate Akte an, die folgende Informationen bzw. Dokumente beinhaltet, soweit es der Betreuerauftrag erfordert:
5.7 Betreuungsprozess steuern
Ausgehend vom Betreuungsplan wird der Betreuungsprozess durch folgende Maßnahmen gesteuert:
5.8 Beendigung oder Einschränkung einer Betreuung
Bei Einschränkung oder Beendigung der Betreuung sollen Berufsbetreuer/innen einen Abschlussbericht anfertigen, der die Maßnahmen der Betreuung dokumentiert. Zur Professionalisierung der eigenen Betreuungstätigkeit ist es hilfreich, beendete Beratungs- und Unterstützungsprozesse zu evaluieren.
6. Aufgabenbezogene Leitlinien
6.1 Gesundheit der Klient/innen
6.1.1 Berücksichtigung von Verfügungen und Vollmachten
Berufsbetreuer/innen bringen in Erfahrung, ob Klient/innen zukunftsbezogene Anordnungen getroffen haben (z.B. letztwillige Verfügungen, dauerhafte Vollmachten oder andere schriftliche oder mündliche Absichtserklärungen).
6.1.2 Prüfung der Einwilligungsfähigkeit
Stehen medizinische Behandlungen oder Eingriffe bevor, ist zunächst zu prüfen, ob Klient/innen deren Bedeutung, Tragweite und Risiko erfassen und ihren Willen auf der Grundlage ihrer natürlichen Einsichts- und Steuerungsfähigkeit äußern können. Die Einwilligungsfähigkeit setzt nicht die zivilrechtliche Geschäftsfähigkeit voraus.
Bei bestehender Einwilligungsfähigkeit der Klient/innen haben Berufsbetreuer/innen mit dem Aufgabenkreis Gesundheitssorge keine Rechtsmacht, um an Stelle der Klient/innen zu entscheiden. Sie dürfen nur beratend und unterstützend tätig werden.
6.1.3 Handeln bei nicht vorhandener Einwilligungsfähigkeit
Liegt keine Einwilligungsfähigkeit vor, müssen Berufsbetreuer/innen für folgende Rahmenbedingungen sorgen, bevor eine medizinische Maßnahme erfolgt:
6.1.4 Handeln bei lebensgefährlichen Eingriffen und Eingriffen mit möglichen Folgeschäden
Eine gerichtliche Genehmigung ist einzuholen, wenn von Untersuchungen, Behandlungsmethoden oder medizinischen Eingriffe eine begründete Gefahr für das Leben der Klient/innen ausgeht oder ein schwerer gesundheitlicher Schaden zu befürchten ist.
Im Genehmigungsantrag an das Vormundschaftsgericht ist darzustellen, welche Maßnahme ansteht, warum die Genehmigungsbedürftigkeit vorliegt und ob die ärztliche Maßnahme befürwortet wird. Darüber hinaus muss deutlich werden, dass der zu erwartende Schaden gegen den Schaden, der durch Unterlassung der Maßnahme erfolgen würde, abgewogen wurde.
6.1.5 Prüfung eines verantwortungsvollen Einsatzes von Medikamenten
Vor der Vergabe von Medikamenten ist zu prüfen, ob
6.1.6 Beschaffung von Informationen über die Medikation
Berufsbetreuer/innen informieren sich regelmäßig über die aktuelle Medikation der Klient/innen und dokumentieren das.
6.1.7 Interessenvertretung gegenüber Ärzt/innen und Krankenhäusern Berufsbetreuer/innen müssen zu Gunsten ihrer Klient/innen
6.1.8 Kooperation mit behandelnden Ärzt/innen
Berufsbetreuer/innen informieren die behandelnden Ärzt/innen über die Aufnahme der rechtlichen Betreuung und weisen auf die gegenseitigen Rechte und Pflichten hin.
6.1.9 Beitrag zur qualifizierten Behandlung
Berufsbetreuer/innen tragen zu einer qualifizierteren Behandlung bei, indem sie den Ärzt/innen die relevanten medizinischen Daten der Klient/innen zur Verfügung stellen.
6.1.10 Medizinische Berichte einfordern
Berufsbetreuer/innen fordern nach einer stationären Behandlung die ärztlichen Behandlungsberichte an und erfassen zur Sicherstellung der Weiterbehandlung die wichtigsten Daten.
6.1.11 Förderung der Rehabilitation
Berufsbetreuer/innen sorgen dafür, dass den Klient/innen eine angemessene medizinische, soziale und berufliche Förderung zukommt, die deren Selbstbestimmung und Unabhängigkeit stärkt. Dafür sind in Abstimmung mit den Klient/innen folgende Schritte vorzunehmen:
6.1.12 Sicherstellung der Pflege
Berufsbetreuer/innen stellen eine optimale pflegerische Versorgung der Klient/innen sicher, die so wenig wie möglich in deren Lebensweise eingreift. Lebensqualität und Selbstständigkeit sollen so weit wie möglich erhalten bleiben. Sie sorgen für
6.1.13 Kenntnis der Versorgungslandschaft
Berufsbetreuer/innen kennen die örtliche und regionale Versorgungs- und Dienstleistungslandschaft gut und informieren sich über relevante Veränderungen, um stets passende Dienstleistungen für die Klient/innen abrufen zu können.
6.2 Aufenthalt der Klient/innen
6.2.1 Aufrechterhaltung des Lebens im eigenen Wohnraum
Berufsbetreuer/innen sorgen dafür, dass die Klient/innen in einem Umfeld leben, das ihren Wünschen und Bedürfnissen entspricht. Das gilt in besonderem Maße für den Wunsch der Klient/innen nach einem Leben in der eigenen Wohnung. Um den Verbleib in der eigenen Wohnung zu ermöglichen, ergreifen Berufsbetreuer/innen folgende Maßnahmen:
6.2.2 Überprüfung der Wohnsituation und der Wohnfähigkeit
Berufsbetreuer/innen erkunden und überprüfen regelmäßig die Wohnungs- und Versorgungssituation der Klient/innen vor Ort. Dazu besuchen sie die Klient/innen in ihrer Wohnung und holen je nach Sachlage Informationen des Wohnumfelds und eingesetzter Dienste ein.
6.2.3 Wechsel des Aufenthaltes
Wird ein Aufenthaltswechsel der Klient/innen geplant, so prüfen Berufsbetreuer/innen diese Entscheidung sorgfältig und wägen unter Berücksichtigung folgender Kriterien ab:
6.2.4 Wohnungskündigung
Berufsbetreuer/innen holen für die Kündigung der Wohnung der Klient/innen eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung ein.
6.2.5 Stationäre Behandlung gegen den Willen der Klient/innen
Berufsbetreuer/innen veranlassen eine stationäre Behandlung der Klient/innen gegen ihren Willen nur, wenn die Gefahr der Selbsttötung oder die einer erheblichen gesundheitlichen Schädigung besteht oder dringend notwendige ärztliche Maßnahmen erforderlich sind, die ohne eine Unterbringung nicht durchzuführen sind. Vor einer stationären Unterbringung müssen Berufsbetreuer/innen stets sorgfältig prüfen und abwägen, ob
6.2.6 Beantragung der zwangsweisen stationären Unterbringung
Liegt ein Tatbestand vor, der eine Unterbringung der Klient/innen in einer Klinik notwendig macht, so wird seitens der Berufsbetreuer/innen ein Unterbringungsantrag an das Vormundschaftsgericht gestellt.
Der Antrag sollte folgende Angaben enthalten:
6.2.7 Begleitung der zwangsweisen stationären Behandlung
Während der Unterbringung der Klient/innen in einer Klinik nehmen Berufsbetreuer/innen folgende Aufgaben wahr:
6.2.8 Unterbringungsähnliche Maßnahmen
Berufsbetreuer/innen veranlassen eine unterbringungsähnliche Maßnahme ohne Einverständnis der Klient/innen bei erheblicher Selbstgefährdung.
Vor der Anwendung einer unterbringungsähnlichen Maßnahme prüfen Berufsbetreuer/innen und wägen ab, ob
Berufsbetreuer/innen beantragen die Genehmigung der unterbringungsähnlichen Maßnahme beim Vormundschaftsgericht. Ohne eine gerichtliche Genehmigung können sie nur dann eine Maßnahme anordnen und veranlassen, wenn mit dem Aufschub Gefahr für die Klient/innen verbunden ist. Berufsbetreuer/innen sind in diesem Ausnahmefall verpflichtet, die nachträgliche Genehmigung unverzüglich einzuholen.
Berufsbetreuer/innen sorgen dafür, dass die Klient/innen an ihren Aufenthaltsorten ohne einen richterlichen Beschluss nicht durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder Überwachungssysteme ihrer Bewegungsmöglichkeit und Freiheit beraubt werden.
Berufsbetreuer/innen prüfen, ob die bestehenden Maßnahmen weiterhin notwendig sind. Wenn die Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind, wird die Maßnahme beendet. Dies ist dem Vormundschaftsgericht mitzuteilen.
Berufsbetreuer/innen sollten alle Aktivitäten und Vorkommen, die im Zusammenhang mit einer unterbringungsähnlichen Maßnahme stehen, sorgfältig dokumentieren und die Dokumentationen der Einrichtungen überprüfen.
6.3 Vermögen der Klient/innen
6.3.1 Vermögen sichern
Berufsbetreuer/innen sichern die Vermögenswerte der Klient/innen sachkundig und umsichtig.
Berufsbetreuer/innen berücksichtigen das Wohl und den Willen der Klient/innen hinsichtlich der Entscheidungen über das bewegliche und unbewegliche Vermögen.
Der Wille der Klient/innen ist im persönlichen Gespräch zu ergründen. Er ist zu berücksichtigen, sofern er die Grenzen der Zumutbarkeit für die Berufsbetreuer/innen nicht überschreitet. Kann der aktuelle Wille nicht auf dem Weg von Gesprächen festgestellt werden, muss versucht werden, ihn mittels folgender Anhaltspunkte zu ermitteln:
Kann der Wille der Klient/innen hinsichtlich der Vermögensverwaltung nicht mehr durch ein Gespräch herausgefunden werden, müssen Berufsbetreuer/innen das Vermögen sichern und bei der Entscheidung über Ausgaben und Anlageformen unter Berücksichtung der gesetzlichen Vorgaben ausschließlich das Wohl der Klient/innen beachten. Die Aufrechterhaltung oder Verbesserung der Lebensqualität der Klient/innen steht bei der Entscheidung im Mittelpunkt.
Bei einer erforderlichen Geldeinteilung an die Klient/innen achten Berufsbetreuer/innen darauf, dass das Vertrauensverhältnis nicht zu einem Abhängigkeitsverhältnis wird. Demnach sind die Ressourcen der Klient/innen mit dem Ziel einer größeren eigenen Verantwortung regelmäßig zu überprüfen.
6.3.3 Verhinderung einer erheblichen Selbstgefährdung
Berufsbetreuer/innen regen beim Amtsgericht die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts an, wenn Klient/innen nicht in der Lage sind, Entscheidungen über ihre finanziellen Angelegenheiten selbst zu treffen, dennoch agieren und sich dadurch erheblich gefährden.
Berufsbetreuer/innen achten auch im Rahmen eines Einwilligungsvorbehalts die Grundsätze der Berücksichtung von Wohl und Wille und halten die Besprechungspflicht ein.
Berufsbetreuer/innen unterrichten die Vertragspartner von der Anordnung des Einwilligungsvorbehalts, damit Schriftstücke wirksam zugestellt werden können.
Berufsbetreuer/innen sollen die Vertragspartner eines schwebend unwirksamen Vertrages im Sinne einer Schadensminderung über den Einwilligungsvorbehalt informieren und die Entscheidung über eine Einwilligung oder Ablehnung ohne zeitliche Verzögerung mitteilen.
6.3.4 Vermögen verwalten
Berufsbetreuer/innen verwalten die Vermögenswerte der Klient/innen sachkundig und umsichtig:
6.3.5 Überprüfen von Ansprüchen
Berufsbetreuer/innen machen Ansprüche gegen Dritte geltend, die im Interesse der Klient/innen liegen. Das betrifft insbesondere Ansprüche auf staatliche Leistungen und Ansprüche gegen Versicherungen. Die Nachrangigkeit des Sozialhilfeträgers wird beachtet.
Berufsbetreuer/innen prüfen Ansprüche gegen das Vermögen der Klient/innen sorgfältig. Berechtigte Ansprüche sind bei Leistungsfähigkeit zu befriedigen, ungerechtfertigte Ansprüche sind abzuwehren.
6.3.6 Beaufsichtigung Dritter
Können Klient/innen ihre Mittel nicht selbst verwalten, so kann ein Dritter die Verwaltung der Barmittel oder Teile des Vermögens übernehmen. Berufsbetreuer/innnen kontrollieren regelmäßig, dass
6.3.7 Trennung von fremdem und eigenem Eigentum
Berufsbetreuer/innen tragen Sorge dafür, dass Eigentum und Vermögen ihrer Klient/innen von ihrem eigenen Eigentum und Vermögen getrennt ist. Folgende Aspekte sind zu beachten:
6.3.8 Übergabe bei Beendigung der Betreuung
Das Vermögen wird nach dem Ende der Betreuung ordnungsgemäß und vollständig abgerechnet, gesichert oder hinterlegt. Die Aufgabe von Berufsbetreuer/innen endet – abgesehen von einer eventuell bestehenden Verpflichtung zur Notgeschäftsführung – mit der Aufhebung der Betreuung oder dem Tod der Klient/innen. Berufsbetreuer/innen händigen das Vermögen den Klient/innen oder – nach Vorlage des Erbscheines – den Erben oder dem Nachlasspfleger aus.